Vater Staat darf’s wieder mal richten?

Mit dem Vollzug der Zinswende durch die EZB hat es viele Kreditnehmer von variablen Krediten am falschen Fuß erwischt. So manche Kreditrate aus variablen Krediten hat sich seit dem Frühjahr 2022 mehr als verdoppelt. Gut 500.000 Kreditnehmer in ganz Österreich sind betroffen, wodurch diese teils finanziell angeschlagene Gruppe für viele Parteien durchaus ein interessantes Wählerpotenzial darstellt.

Als neu berufener Schutzherr für variable Kreditnehmer hat aber nun ausgerechnet der grüne Parlamentsklub den Krieg gegen die hohen Zinsen und gegen die Banken ausgerufen. Haben die Grünen vor ein paar Monaten noch den Vorschlag des Koalitionspartners auf eine Streichung der Grunderwerbssteuer für den Erwerb des ersten Eigenheims begraben, schielt man nunmehr offenbar wie alle Parteien bereits auf die nächste Wahl und möchte als erster vorgezogene Weihnachtsgeschenke verteilen. Beim Ausstrecken der Fühler in Richtung Wohnungseigentümer und Häuslbauer scheut der grüne Parlamentsklub dabei nicht einmal vor einem rückwirkenden Rechtseingriff zurück. Die Konvertierung könnte Kreditnehmern helfen, während sich die Banken die zusätzlichen Kosten aufgrund ihrer jüngsten Rekordgewinne gut leisten könnten. So lautet zumindest die Logik beim Grünen Klub.

Laut dem Initiativantrag soll die rückwirkende Konvertierung für alle variablen Hypothekar- oder Immobilienkredite gelten, die ab dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden. Die Banken wären demnach verpflichtet, allen Betroffenen eine Umwandlung anzubieten. Der Konvertierungsanspruch soll laut dem Vorschlag ein Umstellen ermöglichen, als ob die Kreditnehmer und die Bank bereits ursprünglich (“vor dem unvorhergesehenen Zinsanstieg”) einen fixen anstatt eines variablen Kreditsatzes vereinbart hätten. Es würde also rückwirkend zu den damaligen Kondition abgeschlossen – nur mit Fixzins. Die ÖVP ist grundsätzlich offen für den Vorschlag der Grünen, Betroffenen von variabel verzinsten Immobilienkrediten zu helfen. Der Entwurf des grünen Parlamentsklubs, der eine Umwandlung eines variabel verzinsten Kredits in einen Fixkredit vorsieht, sei aber kein Thema.

Viele Kreditnehmer haben sich durch einen variablen Zinssatz in den vergangenen Jahren vor der Zinswende viel Geld erspart, das darf auch nicht vergessen werden. Aber was sich auch in dieser Thematik wieder zeigt, ist die Tatsache, dass Österreich in Sachen Finanzbildung viel Aufholbedarf hat. Es gab bei vielen variablen Kreditnehmern in Österreich schlicht kein Bewusstsein dafür, dass ein variabler Kredit gleichzeitig eine Wette auf langfristig niedrige Zinsen darstellt! Diese Unkenntnis auszugleichen mit rückwirkenden Eingriffen in bestehende Verträge wäre ein massiver und unverhältnismäßiger Eingriff in die Vertragsfreiheit und Rechtssicherheit. Möchte man strauchelnden Kreditnehmern helfen, sollte man sich vernünftigere Maßnahmen überlegen.

Kolumne im Börsen Kurier am 20. Dezember 2023 veröffentlicht von:

DOMINIK HUBER

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