Der Riese wankt – vom Boom zum Sorgenkind

Die chinesische Wachstumsstory hat bis zum Jahr 2022 viele Anleger in Aktien von chinesischen Unternehmen gelockt. Seit Jahresbeginn verlor aber der MSCI China etwa 11 %, während der MSCI World um rund 12 % gestiegen ist. Folglich schwächelten die Aktienmärkte in China sehr stark, was auch auf die politischen Spannungen zwischen China und den USA – und zunehmend auch der EU – zurückzuführen ist. Hinzu kommt die Insolvenzanmeldung des zweitgrößten chinesischen Immobilienentwicklers “Evergrande” in den USA. So will sich das Unternehmen vor Forderungen US-amerikanischer Gläubiger schützen. Die Insolvenzanmeldung ist nur eine von vielen schlechten Nachrichten aus China und befeuert Sorgen um den Zustand der chinesischen Wirtschaft.

Viele Großinvestoren haben in den letzten 12 Monaten ihre Investments in China merklich reduziert. Warren Buffett ist einer der erfolgreichsten Investoren der Welt und außerdem bekannt als das “Orakel von Omaha”. Er hat früh das Potenzial chinesischer Elektroauto-Hersteller erkannt. Bereits 2008 steig er bei BYD ein – seitdem ist die Aktie um mehr als 2.000 % gestiegen. In jüngerer Vergangenheit hat Buffett mehrmals BYD-Aktien verkauft und Gewinne realisiert. Der Anteil seines Investmentvehikels Berkshire Hathaway an BYD ist von ehemals 20 % auf knapp unter 9 % geschrumpft. Auch der japanische Technologieinvestor Softbank trennte sich im Frühjahr von fast allen seiner verbliebenen Anteile am chinesischen Amazon-Rivalen Alibaba. Der Anteil an der chinesischen E-Commerce-Grupppe wurde auf 3,8 % reduziert, zu Hochzeiten lag dieser sogar bei 34 %.

In den letzten Wochen hat die chinesische Regierung etliche Gegenmaßnahmen versucht. Das Finanzministerium veranlasste die Senkung der Börsenumsatzsteuer auf Aktiengeschäfte und die Börsenaufseher des Landes kündigten an, Aktienverkäufe von Großaktionären sowie die Refinanzierungsmöglichkeiten unprofitabler Unternehmen zu beschränken. Bei Investoren kam das Maßnahmenpaket zumindest kurzfristig gut an.

China möchte das Klima für ausländische Investitionen im Land verbesseren und manch strenge Voraussetzung lockern. Neue Maßnahmen der Stadtregierungen von Beijing und Shanghai, die ausländischen Investoren mehr Freiheit bei der Ein- und Ausfuhr ihres Kapitals gewähren, sollen neue ausländische Investoren anziehen. China hat jedenfalls etliche starke Unternehmen aufzubieten, wovon aber viele im aktuell schwächelnden Technologiebereich angesiedelt sind. Auch in Zukunft werden uns Alibaba, BYD, Tencent, Xiaomi und viele mehr in der Börsenwelt begleiten. Einige der erwähnten Unternehmen könnten in den nächsten Jahren zu internationalen Marktführern aufsteigen. Diese Chancen will man natürlich nicht gänzlich auslassen, aber es gilt mit Bedacht abzuwägen, wie viel Risiko man für die mitunter großen Chancen eingehen will und kann.

Kolumne im Börsen Kurier am 27. September 2023 veröffentlicht von:

DOMINIK HUBER

1130 Wien, Feldmühlgasse 22
Tel. +43-1-8763343-0
Fax. +43-1-8763343-49
dominik.huber@youngshareholders.at