Financial Literacy hat sich in den letzten Monaten zu einem beliebten Schlagwort entwickelt, insbesondere bei Politikern. Wer sich mit Geld und der Finanzwelt auskennt, der behält auch den Überblick über die persönlichen Finanzen und insbesondere die eigene finanzielle Vorsorge. Aber wie kann man jenen, die sich nicht tagtäglich in der Finanz-Welt tummeln das äußerst komplexe Thema Finanzen vermitteln? Und in welchem Alter müsste Finanzbildung ansetzen, um nachhaltig Wirkung zu erzielen?
Zahlreiche Studien bestätigen seit vielen Jahren, dass Finanzbildung oder auch “financial literacy” in der österreichischen Bevölkerung wenig verankert ist. Hinzu kommen der digitale Wandel und ein komplexeres, vielfältigeres Konsumverhalten als früher. Und nun schlägt auch noch die Teuerungswelle unerbittlich auf uns ein. Im Dschungel aus Steuern, Anlagen, Zinsen, Investitionen und Aktien finden sich folglich nur die allerwenigsten gut zurecht. Doch was müssen junge Menschen unbedingt lernen, um für die Zukunft gerüstet zu sein? Jugendliche selbst bezeichnen notwendige Alltagsfähigkeiten gerne als “Life Skills”, diese benötigt man nämlich aus ihrer Perspektive zum Leben. Zum Beispiel wie man eine Wohnung mietet, der Umgang mit Geld, wie man einen Job findet oder was man beim Abschluss einer Versicherung oder eines Handy-Vertrages beachten muss. Viele dieser Fähigkeiten sind stark im Bereich Wirtschafts- und Finanzbildung veranktert, hinsichtlich einer Vermittlung eben genau dieser Informationen wurden aber bisher in der Sekundarstufe I und II kaum Schwerpunkte gesetzt.
Es gab und gibt auch bisher schon einige Finanzbildungs-Angebote und Unterstützungen für Schulen, wie zum Beispiel den Finanzführerschein, der von der Schuldnerberatung in ganz Österreich durchgeführt wird. Wie aber fast alle dieser Angebote werden sie nur auf Anforderung einer Lehrkraft ausgeführt, und dadurch selten genutzt. Die Stiftung für Wirtschaftsbildung hat heuer in enger Abstimmung mit dem Bildungsministerium ein neues Pilotprojekt gestartet, welches vorerst nur für ausgewählte Klassen angeboten wird. Am Projekt sind 30 “Pilotschulen” beteiligt, welche auf ganz Österreich (ausgenommen Vorarlberg) verteilt sind. Dabei wird die Wirtschafts- und Finanzbildung in den alltäglichen Lehrplan eingespeist, und es werden Projektwochen zu Themen wie wirtschaftliche Zusammenhänge, die Arbeitswelt sowie zum grundsätzlichen Umgang mit Geld abgehalten. Es handelt sich um ein vierjähriges Pilotprojekt. Die Stiftung der Wirtschaftsbildung, unter der Leitung von Matthias Reisinger, wird Empfehlungen für den allgemeinen Wirtschaftsunterreicht abgeben, der dann flächendeckend ausgebaut werden soll.
Im Rahmen dieses Pilotprojekts sollen aber keine externen, wirtschaftlich erfahrenen Coaches oder Institutionen an die Schulen geholt werden, die Pädagogen werden schlicht parallel von der Stiftung geschult, und sollten das neu Gelernte dann unmittelbar an ihre Schüler weitervermitteln. Üblicherweise betrifft es in der Unterstufe (Sekundarstufe I) hauptsächlich Lehrpersonen, die keine Wirtschaftsfächer unterrichten. Es ist gut, dass sich in Sachen Finanzbildung endlich etwas bewegt. Aber ob dieser Ansatz vielversprechend ist und Wirkung zeigen kann, bleibt abzuwarten.
Kolumne im Börsen Kurier am 10. Mai 2023 veröffentlicht von:
DOMINIK HUBER
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