Der “digitale Euro”: Ist unser Geld nicht ohnehin schon digital?

Ich bin mir sicher, dass sich viele Menschen fragen, worum es sich bei der Diskussion um den “digitalen Euro“ (oder auch E-Euro) überhaupt handelt, da in unserer Wahrnehmung das Geldsystem ja ohnehin schon digital ist.

Das in Österreich außerordentlich beliebte Bargeld wird als Solches immer von der Zentralbank bereitgestellt und über Geschäftsbanken an uns alle als Kunden weitergegeben. Hinzu kommt das Giralgeld, welches von Banken durch die Ausgabe von Krediten “geschaffen“ wird und die Menge des Bargeldes (Zentralbankgeldes) um ein Vielfaches übersteigt.

Der digitale Euro, zumindest wie er zuletzt diskutiert wurde, wird vermutlich stärker dem bestehenden elektronischen Bankengeld als möglichen Blockchain-Varianten ähneln. EZB-Direktor Fabio Panetta betonte bei einer Vorstellung des digitalen Projekts: „Das soll kein Ersatz für Bargeld werden, sondern eine Ergänzung dazu.“

Als aussichtsreichste Variante gilt es, dass die Bürger „Wallets“ (also elektronische Geldbörsen) auf ihren Smartphones installieren können, die von den Hausbanken zur Verfügung gestellt werden. Diese Wallets sollen den Bürgern der Eurozone ermöglichen, ihre digitalen Euros aufzubewahren und diese natürlich auch für Zahlungen einzusetzen. Zur Abwicklung dieser Aufgaben gilt es aber nunmehr als wahrscheinlich, dass doch keine Blockchain-Technologie verwendet wird. Es gibt Überlegungen dahingehend, das bestehende Echtzeit-Überweisungssystem „TIPS“ so aufzurüsten, dass man auf dieser Technik den digitalen Euro aufbauen könnte. Ein diesbezüglicher Bericht des „Handelsblattes“ wurde von Insidern als realistisch eingestuft.

Die EZB hat jedenfalls einen Drahtseilakt vor sich, da der digitale Euro zwar den strengen Privatsphäre-Anforderungen der Bürger sowie den weitgreifenden selbst auferlegten Datenschutzbestimmungen entsprechen müsse, aber zumindest soweit reguliert werden muss, dass der Geldwäsche und Terrorfinanzierung keine Perspektive geboten wird.

Meines Erachtens liegt der einzig große Unterschied des digitalen Euros zum bestehenden elektronischen Geld darin, dass er eine Forderung von uns Bürgern direkt gegen die Zentralbank darstellt. Dies schützt uns als Bürger vor einer Insolvenz unserer Hausbank, da diese keinen Zugriff auf die Wallet hätte. Gleichzeitig gibt es aber Überlegungen, betragsmäßige Grenzen auf den Wallets einzuführen, die wiederum weit unter den Beträgen liegen, durch die wir ohnehin über die Einlagensicherung geschützt sind.

Bislang ist der Zusatznutzen bzw. die technische Neuheit eines digitalen Euros noch kaum erkennbar, aber die EZB geht von einer Projektphase von jedenfalls 5 Jahren aus und plant laut Fabio Panetta die Einführung frühestens im Jahr 2026. Ich wage zu behaupten, dass Echtzeit-Überweisungen 2026 sowieso schon Standard und sich die EZB somit andere Alleinstellungsmerkmale suchen muss, um so mit dem digitalen Euro eine solide Alternative zum bereits vorhandenen Bankengeld sowie zu den Kryptos aller Art anbieten zu können.

Kolumne im Börsen Kurier am 02. September 2021 veröffentlicht von:

DOMINIK HUBER

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